Bewusster Verzicht, Abnehmen und ein gesunder Lebensstil – wenn am Aschermittwoch die Fastenzeit beginnt, werden viele Menschen den Selbstversuch wagen. Es muss ja auch nicht gleich das meist unter ärztliche Aufsicht gestellte Heilfasten sein; es gibt viele Möglichkeiten, sich ein individuelles Fastenprogramm zusammen zu stellen. Allerdings sollten einige Dinge beachtet werden, um auch den gewünschten gesundheitsförderlichen Effekt zu erzielen.
„Wer wollte nicht gern lange leben und gesund und kräftig sein!
Möge man deshalb die rechte Wahl treffen in der Nahrung und in den Getränken und das Wertlose und Schädliche meiden und fliehen.“
Sebastian Kneipp
Das Thema Fasten ist in den letzten Jahren wieder vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Warum, glauben Sie, ist das so?
Ursprünglich religiös und kulturell motiviert, beinhaltet die aktuelle Diskussion rund um das Fasten weit mehr als den per Definition freiwilligen und zeitlich festgelegten Verzicht auf feste Nahrung. Die intensive Erfahrung des Nahrungsverzichts dient natürlich auch heute noch zur Vertiefung der Religiosität und Spiritualität – egal ob christliche Fastenzeit, Ramadan oder Yom Kippur. Viele der ursprünglichen Fastentraditionen haben sich im Laufe der Zeit gewandelt, Inhalte wurden gelockert, verändert oder auch um neue ergänzt. Auch die hierzulande bekannten Fastenmethoden nach Dr. F.X. Mayr (von 1921) oder Dr. Otto Buchinger (von 1935) wurden über die Jahre modifiziert bzw. entstanden auch Varianten wie das Molke-, Saft-, Tee- oder Schleimfasten.
Sie sprechen von den vielen verschiedenen Fastenvarianten. Gibt es eine universelle Methode, die für jeden geeignet ist?
Bei all den vielen verschiedenen Fastenvarianten, je nachdem, was gerade in Mode ist, wird oft übersehen, dass Menschen bezüglich der Nahrungsaufnahme höchst individuell sind und deswegen eine bestimmte Methode nicht unbedingt für alle funktioniert. Auch findet nicht jeder von uns die Zeit, Lust oder Motivation, eine richtige Fastenkur durchzuführen. Das zeigt, wie wichtig es ist, den persönlichen Lebensstil und die individuellen Bedürfnisse in den Fokus zu stellen, wenn man über das Fasten nachdenkt. Vorweggestellt: Wer nicht richtig fasten will oder kann, sollte es zumindest mit einer Phase des „Von allem ein wenig weniger“ versuchen.
Das veranlasst den Körper, aus seinen Speichern etwas herauszurücken. Für Einsteiger eignet sich insbesondere das Fasten für Gesunde, also für Menschen, die keine Medikamente einnehmen und keine bestehenden Erkrankungen haben. Diese Variante orientiert sich am Buchinger-Konzept und dauert fünf Tage. Aktuell und modern ist aber eine andere Fastenmethode – das intermittierende Fasten.
Sie sprechen vom sogenannten Intervallfasten? Was hat es damit auf sich?
Intervallfasten ist ein Ernährungsmuster, bei dem Essens- und Fastenphasen wechseln. Am bekanntesten dürfte die 16:8-Methode sein: Hier wird 16 Stunden gefastet, danach ergibt sich ein 8-Stunden-Fenster, in dem gegessen werden darf. Die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Intervallfasten sind vielfältig und teilweise widersprüchlich. Während einige Studien positive gesundheitliche Effekte und Gewichtsabnahmen dokumentieren, weisen andere auf potenzielle Risiken hin oder stellen keinen signifikanten Vorteil gegenüber anderen Diäten fest. Es ist wichtig, individuelle gesundheitliche Bedingungen und Lebensumstände zu berücksichtigen und gegebenenfalls medizinischen Rat einzuholen, bevor man mit Intervallfasten beginnt.
Man hört und liest sehr viel über den Säure-Basen-Haushalt, über basische Ernährung und auch das Basenfasten. Was muss man darüber wissen?
In der Theorie geht es um eine mögliche „Übersäuerung“ des Körpers – bedingt durch eine unausgewogene Ernährung. In der Komplementär- bzw. Alternativmedizin ist der Begriff der basischen Ernährung ungefähr seit 1913 verbreitet und wird seither als gesundheitsfördernde Ernährungsform beschrieben. Man unterscheidet zwischen säurebildenden und basenbildenden Lebensmitteln. Es geht dabei aber nicht darum, ob etwas sauer schmeckt oder ob ein Lebensmittel viel Säure enthält. Der Körper zerlegt die Nahrung bei der Verdauung und Verstoffwechselung in verschiedene Stoffe. Das beliebteste Beispiel ist die Zitrone: Trotz des sauren Geschmacks und des hohen Anteils an Fruchtsäure kommt sie beim Basenfasten oft auf den Tisch. Denn sie enthält viele Mineralstoffe, die dann im Körper basische Wirkung entfalten.
Fans der basischen Ernährung bevorzugen also Nahrungsmittel, die weniger säureproduzierende und mehr basisch wirkende Anteile beinhalten?
Ja, genau. Oftmals ist von einem Verhältnis von ungefähr 80% Basenbildnern und 20% Säurebildern die Rede. Wichtig zu wissen: Die Schulmedizin hat bislang keine ausreichenden Erkenntnisse für einen therapeutischen Effekt dieser Ernährungsform, kennt aber die krankhafte Übersäuerung des Körpers (sog. metabolische Azidose) – wobei der Begriff hier als eine Veränderung des pH-Wertes des Blutes verstanden wird, der tatsächlich messbar ist. Und außerdem: Wer sich vielseitig und abwechslungsreich ernährt, wird von einem gestörten Säure-Basen-Haushalt in der Regel nicht betroffen sein, weil der Körper über verschiedene Puffersysteme verfügt, die den pH-Wert im Blut konstant halten. Insbesondere tierische Lebensmittel wie Fleisch, Wurst und auch Eier, gelten als sogenannte Säurebildner.
Deshalb wird ja auch vermutet, dass die günstige Wirkung beim Heilfasten insbesondere auf die basischen Säfte und Gemüsebrühen zurückzuführen ist. Eine vergleichbare Vermutung hatte bereits Sebastian Kneipp – er war absolut davon überzeugt, dass eine pflanzliche Ernährung zu bevorzugen sei und warnte vor über- und regelmäßigem Fleischverzehr. Intuitiv riet er seinen Zeitgenossen zu viel Gemüse und Obst; insbesondere von der Kartoffel hatte er eine hohe Meinung. Heute weiß man, dass die Kartoffel als basisches Lebensmittel sehr gesund ist: Wenig Kalorien, jede Menge Mineralstoffe und Spurenelemente, die der menschliche Körper für seinen Stoffwechsel braucht.
Detox-Fasten liegt stark im Trend. Wie lässt sich der Begriff „Detox“ einordnen, und was sind seine Ursprünge?
Detox ist letztlich nur der neue Begriff für die von Sebastian Kneipp genannte Blutreinigung und die bekannten Frühjahrs- und Herbstkuren. Der Begriff steht für Verfahren, die darauf abzielen, Stoffwechselprodukte und schädliche Stoffe aus dem Körper auszuleiten, indem die Entgiftungsorgane wie Leber, Nieren und Haut unterstützt werden. Es handelt sich dabei nicht um ein völlig neues Konzept, sondern um eine moderne Interpretation traditioneller Ansätze der Naturheilkunde.
Welche Rolle spielen Wickel nach Kneipp in Bezug auf Detox und Entgiftung?
Wickel, insbesondere der Leberwickel, sind eine bewährte Methode zur Förderung des Leberstoffwechsels und der Entgiftungsaktivität. Der feuchtwarme Umschlag belebt die Durchblutung der Leber und beschleunigt den Abtransport von Giftstoffen. Studien belegen die Wirksamkeit dieser Anwendung. Wichtig ist, dass Wickel individuell angepasst werden – je nach Konstitution und Gesundheitssituation. Sie bieten eine sanfte Möglichkeit, die Entgiftung zu unterstützen, sei es während einer Fastenkur oder im Alltag.
Der 7. März ist der Tag der gesunden Ernährung. Welche Bedeutung hat dieser Aktionstag im Kontext der Kneippschen Lehre, und wie tragen die Kneipp-Vereine dazu bei?
Der Tag der gesunden Ernährung am 7. März stellt das Kneippsche Element der Ernährung in den Vordergrund. Sebastian Kneipp betonte stets die Wichtigkeit einer ausgewogenen und naturbelassenen Kost für das Wohlbefinden. Eine bedarfsgerechte, vollwertige und möglichst naturbelassene Ernährung ist eine wichtige Voraussetzung für das Gesundbleiben wie zum Gesundwerden, indem sie die körpereigenen Schutzsysteme fördert. Die Kneipp-Vereine und „Vom Kneipp-Bund e.V. anerkannten Einrichtungen“ spielen an diesem Aktionstag eine zentrale Rolle, indem sie Veranstaltungen, Vorträge und Workshops rund um das Thema Ernährung organisieren. Sie informieren darüber, wie sich die Kneippschen Prinzipien – wie der Fokus auf regionale, saisonale und naturbelassene Lebensmittel – ganz praktisch im Alltag umsetzen lassen. Gleichzeitig bieten die Vereine eine Plattform für Austausch und Motivation, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer langfristig von einem gesunden Lebensstil profitieren können.